Beispiel bachelorarbeit sprachwissenschaften.

Hier ist ein Beispiel für eine Bachelorarbeit in den Sprachwissenschaften, das ein interessantes und beliebtes Forschungsthema im Bereich der Soziolinguistik und Pragmatik behandelt:


Thema der Bachelorarbeit: “Die Rolle von Höflichkeit in der zwischenmenschlichen Kommunikation: Eine pragmatische Analyse”


1. Einleitung

  • Problemstellung: Höflichkeit ist ein zentrales Element menschlicher Kommunikation und beeinflusst maßgeblich den Verlauf und den Erfolg von Gesprächen. Unterschiedliche Kulturen und Sprachen haben unterschiedliche Normen und Strategien, um Höflichkeit auszudrücken. In der Pragmatik wird untersucht, wie Höflichkeit kommunikativ funktioniert, welche sprachlichen Mittel genutzt werden und welche sozialen Faktoren dabei eine Rolle spielen.
  • Forschungsfrage: Welche Strategien der Höflichkeit lassen sich in der Kommunikation verschiedener Sprachen und Kulturen beobachten, und wie unterscheiden sich diese? Wie beeinflussen soziale und kulturelle Faktoren den Einsatz von Höflichkeitsstrategien in der sprachlichen Interaktion?
  • Ziel der Arbeit: Diese Arbeit untersucht Höflichkeitsstrategien in der zwischenmenschlichen Kommunikation und analysiert, wie kulturelle Unterschiede die Anwendung von Höflichkeit beeinflussen. Es soll auch geklärt werden, wie diese Strategien in verschiedenen sozialen Kontexten wirken.
  • Relevanz des Themas: Angesichts der zunehmenden globalen Interaktion in verschiedenen sozialen, beruflichen und interkulturellen Kontexten ist es wichtig, ein tiefes Verständnis für die sprachlichen Mittel zu entwickeln, die Menschen zur Bewahrung der sozialen Harmonie verwenden.

2. Theoretischer Hintergrund

  • Pragmatik und Höflichkeit: Die pragmatische Theorie von Höflichkeit untersucht die Nutzung von sprachlichen Mitteln, um soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten. Ein zentraler theoretischer Ansatz ist der von Brown und Levinson (1987) entwickelte Höflichkeitstheorie, die zwischen positive politeness (strategische Betonung von Gemeinsamkeiten und sozialer Nähe) und negative politeness (Vermeidung von Druck und Respekt für das Gegenüber) unterscheidet.
  • Höflichkeitsstrategien:
    • Positive Höflichkeit: Sprachliche Mittel, die Nähe und Gemeinschaft betonen, z. B. Komplimente, Zustimmung und gemeinsame Aktivitäten.
    • Negative Höflichkeit: Sprachliche Mittel, die die Freiheit des Gesprächspartners betonen, z. B. indirekte Bitten, Entschuldigungen und Respektbekundungen.
  • Face-Theorie: In der Pragmatik wird der Begriff des Face verwendet, um den sozialen Status und das Ansehen einer Person zu beschreiben. Laut Brown und Levinson gibt es zwei Arten von Face:
    • Positive Face: Der Wunsch, akzeptiert und gemocht zu werden.
    • Negative Face: Der Wunsch, in seiner Autonomie und Freiheit respektiert zu werden.
  • Kulturelle Unterschiede: Verschiedene Kulturen haben unterschiedliche Normen und Erwartungen in Bezug auf Höflichkeit. Beispielsweise betonen viele asiatische Kulturen negative Höflichkeit und indirekte Kommunikation, während westliche Kulturen oft direkter sind.

3. Empirische Methodik

  • Zielgruppe und Daten: Für die empirische Untersuchung wurden Interviews und Beobachtungen in einem mehrsprachigen und multikulturellen Umfeld durchgeführt. Die Teilnehmer stammen aus verschiedenen kulturellen Hintergründen, darunter deutschsprachige, englischsprachige und japanischsprachige Personen. Die Gesprächsdaten wurden gesammelt, um die unterschiedlichen Höflichkeitsstrategien in der alltäglichen Kommunikation zu analysieren.
  • Methoden: Die Daten wurden qualitativ ausgewertet, um die sprachlichen Formen von Höflichkeit in den Gesprächen zu identifizieren. Es wurden Transkriptionen angefertigt und sprachliche Äußerungen wie indirekte Bitten, Entschuldigungen, Komplimente und Respektbekundungen analysiert.
  • Kriterien: Die Auswertung basiert auf den theoretischen Modellen von Brown und Levinson sowie der Face-Theorie. Die Äußerungen wurden auf ihre pragmatische Funktion hin untersucht, z. B. ob sie die soziale Distanz verringern (positive Höflichkeit) oder das negative Face wahren (negative Höflichkeit).

4. Ergebnisse

  • Kulturelle Unterschiede:
    • In den deutschsprachigen Gesprächen wurde häufig direkte Kommunikation und positive Höflichkeit beobachtet, wobei Komplimente und Zustimmung verwendet wurden, um soziale Nähe herzustellen.
    • Die englischsprachigen Gesprächsdaten zeigten eine Mischung aus positiver und negativer Höflichkeit. Während direkte Bitten und Komplimente verwendet wurden, gab es auch viele Entschuldigungen und indirekte Formulierungen, um Respekt für das negative Face zu wahren.
    • In den japanischsprachigen Daten wurde überwiegend negative Höflichkeit beobachtet, mit starkem Fokus auf indirekte Bitten und Entschuldigungen, um die soziale Harmonie zu wahren und Konflikte zu vermeiden.
  • Soziale Faktoren: Die Verwendung von Höflichkeitsstrategien hing stark von der sozialen Hierarchie und dem Kontext ab. In formelleren Kontexten wurde mehr negative Höflichkeit angewandt, während in informellen Gesprächen die positive Höflichkeit dominierte.
  • Höflichkeitsformen in beruflichen Kontexten: In beruflichen Umgebungen wurde negative Höflichkeit bevorzugt, insbesondere wenn es um Bitten oder Kritik ging, während in privaten, freundschaftlichen Gesprächen mehr positive Höflichkeit verwendet wurde.

5. Diskussion

  • Interpretation der Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung von Höflichkeitsstrategien stark von kulturellen Normen abhängt. Während in westlichen Kulturen oft eine Balance zwischen positiver und negativer Höflichkeit herrscht, dominieren in asiatischen Kulturen indirekte und respektvolle Formen der Kommunikation.
  • Vergleich mit bisherigen Studien: Diese Ergebnisse stimmen weitgehend mit der Forschung von Brown und Levinson sowie neueren Studien zur interkulturellen Kommunikation überein, die ebenfalls auf kulturelle Unterschiede in der Anwendung von Höflichkeitsstrategien hinweisen. Die Arbeit von Matsumoto (1988) betont ebenfalls den hohen Stellenwert von negativer Höflichkeit in asiatischen Kulturen.
  • Limitierungen: Eine Einschränkung der Studie ist die relativ kleine Stichprobengröße. Außerdem wurden die Gespräche in einem relativ informellen Kontext aufgenommen, was möglicherweise nicht alle Formen von Höflichkeitsstrategien widerspiegelt, die in formelleren Situationen auftreten könnten.

6. Fazit

  • Zusammenfassung der Ergebnisse: Diese Bachelorarbeit zeigt, dass Höflichkeitsstrategien stark kulturell geprägt sind. Während positive Höflichkeit oft verwendet wird, um soziale Nähe herzustellen, zielt negative Höflichkeit darauf ab, das soziale Gleichgewicht und die Autonomie der Gesprächspartner zu wahren.
  • Praktische Implikationen: Diese Erkenntnisse sind besonders relevant für die interkulturelle Kommunikation, da das Wissen über unterschiedliche Höflichkeitsnormen dabei helfen kann, Missverständnisse und Konflikte in internationalen oder multikulturellen Kontexten zu vermeiden.
  • Ausblick: Zukünftige Forschung könnte sich auf die Analyse von Höflichkeitsstrategien in digitalen Kommunikationsformen konzentrieren, wie z. B. E-Mail oder soziale Medien, sowie auf die Unterschiede zwischen geschriebenen und gesprochenen Höflichkeitsformen.

7. Literaturverzeichnis

  • Brown, P., & Levinson, S. C. (1987). Politeness: Some universals in language usage. Cambridge University Press.
  • Matsumoto, Y. (1988). “Politeness and conversational universals – Observations from Japanese.” Multilingua: Journal of Cross-Cultural and Interlanguage Communication, 7(2-3), 207-221.
  • Leech, G. N. (1983). Principles of Pragmatics. Longman.